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Faszination Birkenrinde

Die Designerin Anastasiya Koshcheeva belebt eine Jahrtausende alte Handwerkskunst

In der „Tatort“-Folge „Tango für Borowski“ aus dem Jahr 2010 muss Axel Milberg als Kommissar Borowski dienstlich nach Finnland. Als Wegbeschreibung zu dem kleinen Ort, in dem er ermitteln soll, bekommt er in Helsinki den Hinweis: „500 km geradeaus und dann nach rechts“. So kann man sich das in Sibirien vielleicht auch vorstellen: 500 km, dann nach rechts, und dann stößt man in der endlosen Weite vermutlich irgendwann auf herrliche Birkenwälder.

Von dort bezieht Anastasiya Koshcheeva die Borken für ihre filigran aussehenden Produkte. 2006 ist sie aus dem sibirischen Krasnojarsk nach Deutschland gezogen und hat in Coburg und Potsdam Industrie- und Produktdesign studiert. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin. Seit 2013 beschäftigt sich die Designerin intensiv mit dem fast vergessenen Naturmaterial Birkenrinde, das in ihrer Heimat seit Jahrtausenden handwerklich verarbeitet wird, im Laufe der Zeit aber immer mehr von industriellen Werkstoffen verdrängt wurde.

Das Material und das Handwerk kennt sie seit ihrer Kindheit, durch die handwerklichen Arbeiten ihres Vaters und Großvaters und den Birkensaft, den die Familie jedes Frühjahr zapfte. Vor drei Jahren hat Koshcheeva in der Nähe von Moskau eine Produktionsstätte aufgebaut, im sibirischen Tomsk ist ebenfalls ein Betrieb im Bau. Zudem arbeitet sie mit kleineren Familienbetrieben zusammen und schafft und erhält so wertvolle Arbeitsplätze in der Region.

„Das sieht aber sehr zerbrechlich aus!“, schießt einem beim Betrachten der fein strukturierten Werke durch den Kopf. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall. Tatsächlich ist Birkenrinde ein extrem robustes Naturmaterial mit vielen guten, praktischen Eigenschaften: Es ist langlebig, flexibel, strapazierfähig, benötigt keinerlei Pflege und ist dank der ätherischen Öle antiseptisch, antifungal, feuchtigkeitsabweisend und sehr gut isolierend. Letzteres hat die Designerin eher zufällig bemerkt, als sie in den hintersten Ecken ihres Küchenschranks auf ein paar der traditionellen Behälter aus Birkenrinde stieß, in denen sie Kekse und Pinienkerne aufbewahrte, die sich auch nach zwei Jahren noch als knusprig und aromatisch herausstellten.

„Die Verarbeitung von Birkenrinde erfordert handwerkliches Können und jahrelange Erfahrung. Manchmal vergehen Jahre von der ersten Skizze bis zum fertigen Produkt“, erklärt Anastasiya Koshcheeva die sensible und mitunter sehr komplexe Arbeit. „Wie jedes Material hat auch die Rinde ihre Laufrichtung und Schwachstellen. Doch wenn man sie kennt, muss man die Rinde nicht zusätzlich behandeln. Unsere Birkenrinde wird naturbelassen verarbeitet. Die Qualität des Materials hängt mit der Art der Birke, von der sie geerntet wird, sowie den klimatischen Bedingungen und der Bodenbeschaffenheit zusammen. Für unsere Produkte verwenden wir nur Birkenrinde höchster Qualität. Das macht die Produkte zu wahren Erbstücken“.

Das sieht man, wenn man einen Blick ins Portfolio von Koshcheevas Unternehmen MOYA („Meine“) wirft, das Wohnaccesoires und Design-Objekte aus sieben Produktkategorien anbietet: Wandpaneele, Leuchten, Vorratsdosen, Aufbewahrungskörbe, Hocker, Lounge Chair und Dekorationsartikel demonstrieren ästhetisch eindrucksvoll das vielfältige Potenzial von Birkenrinde und den gestalterischen Reichtum, den die Arbeit mit diesem nachwachsenden Rohstoff ermöglicht.

 

Moya UG Berlin
moya-birchbark.com

Fotos:
© Frieder Reuter
© Anastasiya Koshcheeva

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